Cover: Online Lehrbuch der Medizinischen Psychologie und Medizinischen Soziologie

Online Lehrbuch der Medizinischen Psychologie und Medizinischen Soziologie

Renate Deinzer, Olaf von dem Knesebeck (Hrsg.)


3.3. Ärztliches Handeln und das Gesundheitssystem

 Holger Pfaff 1


1 Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR), Universität zu Köln, Köln, Germany

Das Handeln des Arztes ist in erster Linie das Handeln eines einzelnen Menschen. Dies geschieht jedoch nicht im „luftleeren Raum“. Ärzte handeln vielmehr in einem sozialen Kontext. Sie betreuen Patienten und bilden mit ihnen ein System der Interaktion. Sie arbeiten zudem oft mit anderen Ärzten sowie mit Personen aus anderen Heilberufen – z.B. in Teams – zusammen, um eine Behandlung optimal abstimmen zu können. Meist sind Ärzte zudem eingebunden in eine Arztpraxis, ein Medizinisches Versorgungszentrum oder eine Klinik. Dies bedeutet, sie handeln in Organisationen und sind mehr oder weniger stark deren Regeln, Normen und Werten unterworfen, was in manchen Fällen zu Zielkonflikten führen kann (z.B. zwischen Ökonomie und Medizin). Und – last but not least – sind sie eingebunden in die Gesellschaft und insbesondere natürlich in das Gesundheitssystem, das den Rahmen des ärztlichen Handelns weitgehend festlegt. So regeln der Bundestag, das Bundesgesundheitsministerium, der Gemeinsame Bundesausschuss und die Gremien der ärztlichen Selbstverwaltung, um nur einige wichtige gesellschaftliche Akteure zu nennen, über Gesetze (z.B. Sozialgesetzbuch V), Richtlinien und/oder Beschlüsse, welches ärztliche Handeln finanziert wird, wie die Qualität der Versorgung sichergestellt werden kann und welche Formen der Kooperation und Organisation in dem derzeitigen Gesundheitssystem möglich sind.

Es ist Ziel dieses Kapitels 3.3. auf einzelne Aspekte dieses sozialen Kontextes einzugehen. Dazu wird das „medizinsoziologische Mikroskop“ mit jedem Kapitel mehr auf Vergrößerung gestellt. Im ersten Kapitel (3.3.1.) wird mit der Gesellschaft die höchste Ebene des Kontextes fokussiert. Dabei stehen soziale, historische und politische Rahmenbedingungen der ärztlichen Berufstätigkeit im Zentrum. Im darauf folgenden Kapitel (3.3.2.) wird der Fokus des „Mikroskops“ auf die Arztrolle gerichtet. Der Leser wird darin auf die Wechselbeziehung zwischen dem Handeln des Arztes und seiner Rolle, die er in der Gesellschaft ausübt, aufmerksam gemacht. Schalten wir das „Mikroskop“ noch mehr auf Vergrößerung, so bekommen wir die Arbeitsbedingungen der Ärzte in den Blick (Kapitel 3.3.3.). Der Leser lernt hier, dass es in der ärztlichen Tätigkeit nicht nur gesundheitsbeeinträchtigende Belastungen, sondern auch gesundheitsförderliche Ressourcen gibt. Letztere machen den Arztberuf attraktiv. Auf derselben Vergrößerungsstufe des „medizinsoziologischen Mikroskops“ bekommen wir die Arbeit des Arztes im Team in den Fokus. In dem entsprechenden Kapitel lernt der Leser, wie Teams entstehen und in ihrer Entwicklung unterstützt werden können (Kapitel 3.3.4.).