[The future of libraries: Open library strategies at Mainz University Library]
Sabine Hoyer 1Albert Ahanda 2
Stefanus Schweizer 1
Christian Seitz 3
1 Johannes Gutenberg Universität Mainz, Universitätsbibliothek, Bereichsbibliothek Universitätsmedizin, Mainz, Deutschland
2 Johannes Gutenberg Universität Mainz, Universitätsbibliothek, Abteilung Benutzungsdienste, Mainz, Deutschland
3 Johann Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main, Universitätsbibliothek, Medizinische Hauptbibliothek, Frankfurt am Main, Deutschland
Abstract
The Open Library concept combines technology with flexible access and has been adopted worldwide. In addition to traditional media lending, libraries are frequently used as spaces for learning and social interaction. Studies confirm the high level of acceptance of this model, which makes library use more efficient and user-friendly.
This article explores the term Open Library, examines the typology of such libraries, and highlights both the societal impact and the changing patterns of library usage. It specifically focuses on the University Library Mainz, where the concept is being introduced at three locations: the Medical Library (BB UM), the Musicology Library, and the Library for Mathematics, Computer Science, Natural Sciences, and Technology (BB MINT). The BB UM and the BB MINT are currently in the implementation phase, with the main goal providing access beyond the regular staffed service hours. This requires technical and organizational measures such as an electronic access system, video surveillance, and emergency infrastructure. The present article describes the implementation using the example of the BB UM.
Keywords
open library, staffless library, library, service, opening hours, learning spaces
Einleitung
Mit dem Open-Library-Konzept werden in der Universitätsbibliothek Mainz (UB Mainz) die Öffnungszeiten ausgewählter Bereichsbibliotheken – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (BB MINT), Philosophicum/Standort Musikwissenschaft und Universitätsmedizin (BB UM) – personalunabhängig und ausfallsicher sichergestellt und zugleich flexibilisiert. Künftig können die Öffnungszeiten des Gebäudes, in dem die jeweilige Bibliothek sich befindet, voll ausgeschöpft werden. Für die Auswahl der Bibliotheken wurden insbesondere zwei Kriterien berücksichtigt:
- Buchsicherung und Ausleihbarkeit mit RFID (Radio Frequency Identification): Der komplette Medienbestand muss gesichert sein. Damit soll die Ausleihe zu jeder Zeit möglich sein und nur vor Ort nutzbare Bestände geschützt werden.
- Abgeschlossenheit und Übersichtlichkeit: Open Library setzt eine Sicherheitsinfrastruktur voraus. Deren Aufbau wird umso komplexer, je verwinkelter die Räumlichkeiten sind. Idealerweise gibt es einen zentralen Zugang, an dem der Zutritt gesteuert wird.
Ein solches Konzept ist bereits bei vielen Einrichtungen in Deutschland realisiert. Im Folgenden wird zunächst die Begrifflichkeit Open Library vorgestellt. Darüber hinaus soll die Umsetzung an der BB UM speziell beschrieben werden.
Begrifflichkeit Open Library
Der Begriff „Open Library“ ist vielschichtig und umfasst verschiedene Konzepte. Er bezieht sich auf eine öffentlich zugängliche digitale Sammlung von Texten, auf Open-Source-Software- und Programmierbibliotheken oder auf jene Bibliotheken, die zeitweise ohne Personal betrieben werden und als „unstaffed“ oder „unmanned“ bezeichnet werden ([1], S. 81). Zurecht bemerkt Drude in diesem Zusammenhang: „Zu den wichtigsten Voraussetzungen einer Open-Library gehört die technische Lösung. Eine selbstbediente Bibliothek funktioniert nur, wenn die Bibliothekshard- und software [sic!] für eine selbstbediente Nutzung aufgerüstet wird.“ [2]
Wissenschaftlich betrachtet lassen sich Open Libraries als Teil der Entwicklung hin zu stärker technologiebasierten und nutzerzentrierten Informationssystemen verstehen. Sie beruhen auf Konzepten der Automatisierung sowie digitalen Zugangssystemen zur Gewährleistung der Funktionalität und Sicherheit. Höchstwahrscheinlich wird auch die Künstliche Intelligenz künftig eine große Rolle spielen.
Zudem stehen Open Libraries im Kontext der bibliothekswissenschaftlichen Forschung zur Transformation klassischer Bibliotheksstrukturen und zur Anpassung an sich verändernde gesellschaftliche Anforderungen, insbesondere im Hinblick auf Flexibilität und Erreichbarkeit.
Durch den Einsatz moderner Technologie tragen Open Libraries zur Demokratisierung des Wissens bei, indem sie Nutzenden uneingeschränkten Zugang zu Bildungs- und Informationsressourcen bieten. Ihre Entwicklung wird zunehmend von interdisziplinären Studien aus den Bereichen Bibliothekswissenschaft, Informatik und Sozialwissenschaften begleitet, um ihre Effizienz, Nutzerfreundlichkeit und gesellschaftliche Auswirkungen zu bewerten.
Das Konzept der Open Library ermöglicht hierbei die Abwicklung zentraler Kundenprozesse ohne Unterstützung durch Bibliothekspersonal. Die gängige deutsche Übersetzung des Begriffs als „offene Bibliothek“ wird hierbei jedoch als nicht ausreichend präzise empfunden ([1], S. 82). Alternativ werden Bezeichnungen wie „Selbstbedienungsbibliotheken“ oder „personalfreie Bibliotheken“ vorgeschlagen. Allerdings betont „Selbstbedienung“ lediglich die aktive Rolle des Publikums, während Begriffe wie „staffless“, „unmanned“ oder „personalfreie Bibliotheken“ den Fokus ausschließlich auf den fehlenden Personaleinsatz legen. Pilzer führt daher den Begriff der „autonomen Bibliothek“ ein.
Obwohl die Bezeichnung „autonome Bibliothek“ eine gewisse technische und organisatorische Eigenständigkeit suggeriert, bleibt sie in ihrer Anwendung problematisch. Autonomie impliziert nicht nur Unabhängigkeit von menschlicher Betreuung, sondern auch eine eigenständige Handlungsfähigkeit, die automatisierte Bibliotheken nicht in vollem Umfang besitzen. Zwar basiert die Open Library auf digitalen Zugangssystemen, Automatisierung und künstlicher Intelligenz, doch bleibt sie eine Einrichtung, deren Funktionalität weiterhin durch infrastrukturelle und administrative Maßnahmen gesteuert wird.
Im Gegensatz zu vollständig autonomen Systemen sind Open Libraries auf eine vordefinierte technische Infrastruktur angewiesen, die einen kontrollierten Zugang gewährt, Sicherheitsvorkehrungen trifft und bestimmte Nutzungsvorgaben einhält. Zudem erfordert die langfristige Implementierung kontinuierliche Wartung und Optimierung, sodass die Vorstellung einer „autonomen Bibliothek“ mit einer völlig eigenständigen Funktionsweise nicht der Realität entspricht.
Statt von „autonomen Bibliotheken“ zu sprechen oder die oben aufgeführten Begrifflichkeiten wie „Selbstbedienungsbibliotheken“ oder „personalfreie Bibliotheken“, die sich nur auf einen Einzelaspekt des Konzepts fokussieren, zu verwenden, ist die Bezeichnung „Open Library“ als international gebräuchlicher und kontextuell treffender Begriff vorzuziehen. Das Konzept der Open Library betont nicht allein die Abwesenheit von Personal in bestimmten Nutzungszeiträumen, sondern vielmehr die Erweiterung des bibliothekarischen Zugangs und die Öffnung von Informationsressourcen unter veränderten Rahmenbedingungen. Die Open Library ist weniger ein Modell totaler Autonomie als vielmehr ein Beispiel für einen modernen, technologiebasierten Bibliotheksbetrieb, der mit den Prinzipien von Nutzerzentrierung und Selbstorganisation arbeitet.
Folgen wir der Begriffsdefinition, so lassen sich im Wesentlichen zwei Typen von Open Libraries unterscheiden:
Teilautomatisierte Open Libraries ermöglichen Besuchenden den Zugang außerhalb der regulären Öffnungszeiten, allerdings mit reduziertem Personalaufwand. Sicherheits- und Zugangssysteme wie RFID-Technologie sowie Kameraüberwachung gewährleisten einen geordneten Betrieb, während das Bibliothekspersonal zu bestimmten Zeiten für Beratung oder Wartungsarbeiten anwesend ist.
Vollautomatisierte Open Libraries gehen einen Schritt weiter und kommen während der unbemannten Zeiten vollständig ohne Personal aus. Besuchende können die Räumlichkeiten mithilfe digitaler Zugangssysteme betreten, Medien ausleihen oder Arbeitsplätze nutzen. Die Verwaltung erfolgt durch automatisierte Prozesse, etwa durch die digitale Verlängerung von Medien oder Selbstverbuchungssysteme.
Zielsetzung an der UB Mainz
Nicht zuletzt wegen der Corona-Pandemie müssen sowohl die Versorgung der Forschenden sowie der Studierenden mit Informationen und Literatur als auch die Funktion der Bibliothek als Lernort neu gedacht und krisensicher ausgestaltet werden. Während viele Services der UB Mainz bereits digital angeboten werden können, lassen sich der Lernort Bibliothek und der Printbestand nicht in die virtuelle Welt übertragen. Solche Angebote bedürfen der Öffnung der Bibliotheksbereiche und der Anwesenheit von Personal. Hierdurch gefährdet eine Schließung der Bibliothek durch Infektionswellen oder durch den Ausfall von Personal infolge von Erkrankungen die Funktionsfähigkeit von Wissenschaft, Forschung und Lehre.
Für die Implementierung des Konzeptes sprechen zudem folgende Gründe:
- Fachkräftemangel und demographischer Wandel: Die Auswirkungen des Fachkräftemangels und des demographischen Wandels machen auch vor Bibliotheken nicht Halt. Dies hat sich bei einigen zurückliegenden Stellenausschreibungen bereits gezeigt. Es gingen nur wenige Bewerbungen, mitunter gar keine, ein. Maßnahmen zur Behebung von Personalengpässen müssen daher getroffen werden.
- Sparzwänge bei den Sachmitteln: Wegen der tariflichen Anpassung steigen die Kosten für den Sicherheitsdienst kontinuierlich. Es besteht dringender Handlungsbedarf, diese zu reduzieren.
- Öffnung in den Randzeiten: Die Öffnung der Bibliotheken in den Randzeiten außerhalb der Anwesenheit des UB-Personals muss abgesichert werden. Als moderne Einrichtung will die UB die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, um die Verfügbarkeit des Lernortes zu garantieren.
Zielsetzung ist zusammenfassend, die Bibliotheken ohne Fach- bzw. Überwachungspersonal umfassend und sicher verfügbar zu machen und gleichzeitig die Kosten für den Sicherheitsdienst einzudämmen.
Technische Infrastruktur
Die Technische Infrastruktur umfasst alle Maßnahmen, die die Nutzung der Bibliothek auch dann gestatten, wenn weder Bibliothekspersonal noch der Sicherheitsdienst zur Verfügung stehen. Es ist ein Zusammenspiel von drei Subsystemen:
- Zutrittssystem: Ausgewählt wurde die Lösung von der Firma SECANDA Systems AG. Sie bietet eine Zutrittskontrollzentrale für bis zu vier Zutrittspunkte sowie Multi-ISO-Leser (RFID-Leser) an. Damit kann eine idealerweise elektrifizierte Tür berührungslos geöffnet werden.
- Bedienungssystem für Nutzende: Grundlage ist eine vom Rechenzentrum der Johannes-Gutenberg-Universität (JGU) entwickelte App. Die Nutzenden müssen diese App herunterladen und sich mit eigenem JGU-Account anmelden. An einem E-Paper-Display wird ein QR-Code angezeigt, der einzuscannen ist, um die Tür zu öffnen.
- Überwachungskameras: Kameras werden so montiert, dass die relevanten Bereiche erfasst werden. Von besonderer Bedeutung ist der Ein-/Ausgansbereich, an dem das Gate positioniert ist. Wir setzen AXIS 102° bzw. AXIS 360° Kamera der Firma Nexbib ein. Der Aufbau der genannten Subsysteme setzt die notwendige Verkabelung und die entsprechende technische Ausstattung der Tür(en) voraus.
Betrieb und Organisation
Geregelt werden die Zutrittsbedingungen, der Umgang mit den Kameras bzw. Videodaten und die Schließung der Bibliotheken:
- Die UB legt die Betriebszeiten und die Zugangsberechtigten fest. Insbesondere die bisherigen Dienstzeiten des Sicherheitsdienstes sollen abgedeckt werden:
- Bereichsbibliothek MINT: 16:00 Uhr bis 22:00 Uhr (Montag–Freitag) und am Wochenende
- Bereichsbibliothek Philosophicum/Standort Musikwissenschaft: 08:00 Uhr bis 20:00 Uhr (Montag–Freitag). An diesem Standort ist das Konzept bereits vollständig realisiert.
- Bereichsbibliothek Universitätsmedizin: 16:00 Uhr bis 22:00 Uhr (Montag–Freitag) und ggfs. am Wochenende.
- Mit Plakaten werden die wesentlichen Nutzungsbedingungen und die Telefonnummer für Notfälle sichtbar gemacht.
- Der Arbeitsplatz des UB-Personals darf von der Kamera nicht erfasst werden.
- Die Kameras werden im Eingangsbereich so konfiguriert, dass sie insbesondere auf den Alarm vom Sicherheitsgate reagieren. Somit kann man bei der Sichtung der Videodaten zu einem entsprechenden Zeitpunkt navigieren.
- Die Positionierung der Kameras muss den Anforderungen des Datenschutzes entsprechen.
- Die Videodaten können nur anlassbezogen und nach den Vorgaben des Datenschutzes gesichtet werden. Sie werden derzeit spätestens nach 72 Stunden unwiderruflich automatisch gelöscht. Es muss noch geprüft werden, wie Feiertage berücksichtigt werden können. Sie werden im Rechenzentrum der Universität verwaltet.
- Vor Ablauf der Betriebszeit begeht der Sicherheitsdienst der UB bzw. der Universitätsmedizin die Bibliothek, um sicherzustellen, dass alle Nutzenden die Räumlichkeiten verlassen haben.
- Nach Ablauf bzw. außerhalb der Betriebszeit wird die Türöffnungsfunktion (App) deaktiviert. Das UB- und technische Personal kann die Bibliothek dennoch mit Schlüssel bzw. mit Transponder betreten.
Umsetzung an der Bereichsbibliothek Universitätsmedizin, Herausforderungen
Zielsetzung
Die Bereichsbibliothek Universitätsmedizin der Universitätsbibliothek Mainz plant die Einführung einer Open Library, um die bisherigen Öffnungszeiten dauerhaft zu sichern und perspektivisch zu erweitern. Angesichts steigender Personal- und Sicherheitskosten gestaltet sich die Aufrechterhaltung des bestehenden Serviceangebots zunehmend schwierig. Gleichzeitig bietet das Open-Library-Konzept eine Lösung, um auch bei kurzfristigen Personalausfällen, etwa durch Krankheit oder Urlaub, einen reibungslosen Bibliotheksbetrieb, ohne zusätzlichen organisatorischen Aufwand zu gewährleisten. Es handelt sich hierbei nicht um eine vollständig unbetreute Bibliothek, sondern um eine Ergänzung des regulären Betriebs mit Fachpersonal. Die Open Library soll vor allem in den Abendstunden sowie an Wochenenden zum Einsatz kommen.
Bauliche und technische Voraussetzungen
Die räumlichen Gegebenheiten wurden vor der Umsetzung sorgfältig dahingehend geprüft, ob ein unbetreuter Betrieb technisch und organisatorisch möglich ist. Da Bibliothek und PC-Pool nicht über einen gemeinsamen Eingang verfügen, werden beide Eingangstüren technisch so angepasst, dass sie sich nach erfolgreicher Authentifizierung durch einen Impuls via Smartphone öffnen lassen. Ein Feuerwehrschlüsselschalter gewährleistet zusätzlich die manuelle Zutrittsmöglichkeit im Notfall. Das Verlassen der Bibliothek ist über einen berührungslosen Taster geregelt, für Notfälle ist zudem ein Panikknopf vorgesehen.
Um den Thekenbereich außerhalb der betreuten Zeiten zu sichern, wurde eine verschließbare Schiebetür geplant. Durch coronabedingte Umbaumaßnahmen war der größte Teil der Theke bereits mit Glasscheiben umschlossen. Darüber hinaus schützen abschließbare Schränke sensible Unterlagen und Wertgegenstände. Ein fest installiertes Notfalltelefon sowie ein frei zugänglicher Erste-Hilfe-Kasten im öffentlich zugänglichen Bereich gewährleisten die notwendige Sicherheit in kritischen Situationen.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Die Einführung der Open Library erfolgt in enger Abstimmung mit den Datenschutzbeauftragten und den Personalräten sowohl der Universität als auch der Universitätsmedizin. Dabei wurde ein detailliertes Konzept erstellt, das unter anderem die eingesetzte Videoüberwachungstechnik, die Speicherdauer der Aufzeichnungen, den Zugriff auf die Daten sowie die Speicherorte umfasst. Die Maßnahme wurde den zuständigen Gremien und Institutionen wie Dekanat, Fachschaft und Universitätsleitung angezeigt. Vor Ort werden zu gegebener Zeit entsprechende Hinweisschilder zur Videoüberwachung angebracht.
Sicherheitsaspekte
Ein wesentliches Ziel der Open Library ist es, potenzielle Belästigungen, Vandalismus und Diebstahl präventiv zu verhindern. Der Schutz der Nutzenden steht dabei im Vordergrund, insbesondere in den Abendstunden und an den Wochenenden. Die Bereichsbibliothek Universitätsmedizin ist aufgrund ihrer klar strukturierten, eingeschossigen Raumaufteilung vergleichsweise gut überwachbar. Herausfordernd gestaltet sich hingegen die Sicherung öffentlich zugänglicher Übergangsbereiche wie des Treppenhauses, das auch zu Büro- und Technikräumen führt. Da diese Flächen aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht videoüberwacht werden dürfen, werden ergänzend regelmäßige Kontrollgänge durch den allgemeinen Sicherheitsdienst der Universitätsmedizin eingeführt. Eine Live-Überwachung der installierten Kameras findet nicht statt. Die Auswertung der Aufzeichnungen erfolgt ausschließlich im Anlassfall und stets im Vier-Augen-Prinzip durch die Bibliotheksleitung. Sollte es zu einem sicherheitsrelevanten Vorfall kommen, werden die Datenschutzbeauftragten und gegebenenfalls die Polizei eingebunden. Die Speicherung der Daten erfolgt für 72 Stunden.
Projektverlauf
Die Umsetzung des Projekts gestaltete sich komplexer als bei vergleichbaren Einrichtungen, da sämtliche organisatorischen, technischen und rechtlichen Abstimmungen sowohl für die Universität als auch separat für die Universitätsmedizin durchzuführen waren. Dies betraf insbesondere die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Datenschutzbeauftragten, Personalvertretungen, IT-Abteilungen und technischen Betriebsdiensten. Diese doppelte Kommunikationsstruktur erforderte eine sorgfältige Koordination und führte zu einem erhöhten Zeitaufwand, der jedoch notwendig ist, um Zuständigkeiten eindeutig zu klären und datenschutzrechtliche Anforderungen rechtskonform zu erfüllen.
Technische Umsetzung
Die technische Realisierung der Open Library erfordert die enge Zusammenarbeit verschiedener Gewerke, darunter die IT-Abteilung, Elektriker, Türenbauer, Schlosser sowie externe Dienstleister für Kamera- und Zutrittstechnik. In mehreren gemeinsamen Begehungen wurden die notwendigen technischen Lösungen abgestimmt.
Umrüstung der Eingangstüren
Ein wichtiger Meilenstein ist die Umrüstung der Eingangstüren zur Bibliothek und zum PC-Pool. Da beide Türen relativ neu, aber nicht automatisiert sind und durch eine Automatisierung die Gefahr besteht die Zertifizierung als Brandschutztür zu verlieren, entschieden wir uns für die Umrüstung der Türen unter Verwendung eines elektromagnetischen Impulses, der die Öffnung steuert. Parallel dazu wurde ein Feuerwehrschlüsselschalter angebracht. Den Ausgang gewährleisten ein berührungsloser Taster sowie ein Panikknopf. Sämtliche Türsysteme erfüllen damit weiterhin die geltenden brandschutzrechtlichen Vorgaben.
Installation von Überwachungskameras
Zur Überwachung des Bibliotheksbetriebs wurden insgesamt vier Kameras im Bibliotheksbereich sowie jeweils eine im Lesesaal und im PC-Pool installiert. Somit ist eine flächendeckende Videoüberwachung, auch in den Bereichen zwischen den Regalen, möglich. Bereiche wie Eingangszone und Mitarbeiterräume sind von der Überwachung ausgenommen.
Netzwerkinfrastruktur
Für die Netzwerkinfrastruktur mussten rund 500 Meter Kabel verlegt und ein IT-Schrank installiert werden, in dem Komponenten wie Firewall, Türsteuermodul und ein spezieller Switch untergebracht sind. Dabei handelt sich um einen PoE-Switch (PoE Power over Ethernet), d.h. die Stromversorgung erfolgt über den Netzwerkanschluss. Über diese Komponenten ist die Anbindung an das Hochschulnetz realisiert.
Integration in die bestehende Gebäudeinfrastruktur
Der Zugang zur Bibliothek ist ausschließlich berechtigten Nutzenden gestattet. Um unbefugten Aufenthalt in anderen Gebäudeteilen zu verhindern – beispielsweise über Fluchtwege oder den Aufzug – werden bestimmte Stockwerke außerhalb der Betriebszeiten abgeschlossen. Die Aufzugsteuerung wurde so programmiert, dass ein zeitlich begrenzter Zugang möglich ist. Ergänzend werden regelmäßige Kontrollen durch den Sicherheitsdienst erfolgen.
Betrieb und Monitoring
Mit Einführung der Open-Library werden die bisher vom Wachdienst abgedeckten Öffnungszeiten ersetzt und bei Bedarf nach und nach erweitert. Geplant ist der unbetreute Zugang zur Bibliothek montags bis donnerstags von 16 bis 22 Uhr, freitags von 14 bis 22 Uhr sowie samstags und sonntags jeweils von 10 bis 22 Uhr, insbesondere während der Prüfungszeit. Eine Besonderheit stellen die viel besuchten Prüfungszeiten im Januar, Februar, Juni und Juli dar. Zu diesen Zeiten wird von Montag bis Freitag weiterhin der Sicherheitsdienst der UB vor Ort sein.
Für technische Störungen, etwa bei Zutrittsproblemen, werden feste Ansprechpartner benannt. Die Mediensicherungsanlagen werden separat überwacht; relevante Ereignisse wie Alarmauslösungen werden protokolliert und durch die Mitarbeitenden der Bibliothek analysiert.
Ausblick
Die Erfolgsgeschichte des Bibliothekswesens hängt unter anderem mit dessen Anpassungsfähigkeit zusammen. Bibliotheken haben es stets verstanden, technische Errungenschaften zur Modernisierung ihrer Dienstleistungen zu nutzen. Dadurch sind viele Angebote heute zeit- und ortsunabhängig verfügbar. Das Open-Library-Konzept schließt die mit physischen Gebäuden verbundene Lücke, indem es Bibliotheken als Lern- und Arbeitsort weitgehend zeitunabhängig verfügbar macht.
Bei Bestandsgebäuden ist die Umsetzung jedoch herausfordernd. Das zeigt beispielsweise die Umsetzung in der BB UM. Bei künftigen Neubauten sollten die technischen und organisatorischen Aspekte von Anfang an berücksichtigt werden, damit die Bibliothek ohne weitere Umbaumaßnahmen auf diesen Betriebsmodus umschalten kann. Die Nutzenden werden es honorieren.
Anmerkungen
ORCIDs der Autor:innen
- Sabine Hoyer: 0000-0002-7092-217X
- Albert Ahanda: 0009-0000-1404-1506
- Stefanus Schweizer: 0000-0002-6110-2743
- Christian Seitz: 0009-0000-5019-6281
Interessenkonflikte
Die Autor:innen erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben. Einige Verfasser:innen dieses Artikels sind zugleich als Herausgebende der Zeitschrift tätig. Trotz dieser Doppelfunktion wurde der Begutachtungs- und Auswahlprozess unter Wahrung wissenschaftlicher Standards durchgeführt, um eine objektive und qualitätsgesicherte Publikation zu gewährleisten.
Literatur
[1] Pilzer H. Autonome Bibliotheken. Open Libraries schaffen neue Perspektiven. In: Hauke P, Hrsg. Öffentliche Bibliothek 2030. Herausforderungen – Konzepte – Visionen. Bad Honnef: Bock + Herchen Verlag; 2019. S. 81-90. DOI: 10.18452/20209[2] Drude V. Das Open-Library-Konzept: eine Analyse und Handlungsempfehlungen für Öffentliche Bibliotheken [Bachelor Thesis]. Hamburg: Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg; 2017. Verfügbar unter: http://hdl.handle.net/20.500.12738/8020